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Karl Müller  
   
 

* 22. XI. 1895, † 16. IX. 1978

 
       
   
       

Karl Müller kommt am 22. Oktober 1895 in Kemnath, Oberamt Stuttgart (heute: Ostfildern-Kemnat), zur Welt. Er wächst mit einer älteren Schwester und einem jüngeren Bruder in einfachsten Verhältnissen auf, sein Vater ist kleiner Landwirt und übt das Gemeindeamt des Farrenwärters aus.

Nach Abschluss der Volksschule tritt er im Mai 1909 eine Lehre als Maurer beim Baugeschäft Chr. Bossert, Kgl. Hof-Werkmeister, in Stuttgart an, die er bereits im Oktober 1911 mit der Gesellenprüfung erfolgreich abschließt.
Ab 1912 besucht er die Fachschule für Bautechniker an der Königlichen Baugewerkschule Stuttgart, ist aber weiterhin bis Juni 1915 - mit Unter- brechungen zum Schulbesuch - bei der Firma Bossert als Bautechniker tätig.
Am 22. 6. 1915 erfolgt lt. Militärpaß die Aushebung als Ersatzrekrut beim Ersatz-Pionier-Bataillon 13, II. Rekruten Depot (No 638 der Kriegs- stammrolle). Ein Eintrag in seinem Tagebuch zeigt, wie auch er von der damaligen Kriegsbegeisterung erfasst ist: „Dienstag, 22. 6. 15 Heute ist der von mir so lang ersehnte Tag angebrochen.
Karl Müller wird am 10. 7. 15 vereidigt und bereits am 6. 8. 15 zum Feld-Pionier-Rekruten-Depot der 27. Infanterie Division ins Feld versetzt. Nach diesem Ausbildungsabschnitt (besondere militärische Ausbildung: Infanterie mit Gewehr 98 und als Feldpionier) tritt er am 11.10.15 zur 3. Feldkompanie Pionier-Bataillon 13 über, der er bis zur Demobilmachung angehört.
Am 30. 5. 16 wird ihm die (Württ.) Militär Verdienst Medaille verliehen, der Grund dafür ist leider nicht mehr bekannt. Am 6. 6. 17 erfolgt die Ernennung zum überzähligen Gefreiten und einen Monat später, am 16. 7. 17, erhält er das E.K. II. Dazu gibt es Hinweise, der Grund könnte eine erfolgreich durchgeführte Erkundungspatrouille mit der Einbringung feindlicher Ge- fangener gewesen sein. Einzelheiten sind allerdings auch hier nicht mehr bekannt. Am 20. 2. 18 wird er zum etatmäßigen Gefreiten ernannt
Planabteilung des 3. Pi. 13 Mai 1916 Feldwache Ossus
 
Aufgrund seiner Vorbildung als Bautechniker ist er in der Pionierkompanie offenbar häufig in der Planabteilung tätig. Zu seinen Aufgaben gehört dort das Erstellen von Bauplänen z.B. für Unterstände und für den Stellungsbau und das Aktualisieren von Landkarten entsprechend der jeweiligen militärischen Lage. Außerdem ist mehrmals von ‚Bilder‘ bzw. Aufnahmen machen‘ die Rede, so z.B. in folgendem Tagebuchvermerk „Gegen 9 Uhr gehe ich nach der Petit Priel Ferme um dieselbe aufzunehmen zum Berechnen der Sprengladung.“ (wobei an dieser Stelle evtl. auch eine zeichnerische Aufnahme gemeint sein kann). Und letztlich hat er, wie zahlreiche Hinweise im eigenen Tagebuch und im Nachlass befindliche Entwürfe belegen, am Kriegstagebuch der Kompanie mitgearbeitet.
Während des Gefechts, am 22. 3. 18, gerät Karl Müller vor Fins in englische Gefangenschaft, aus der er erst am 6. 10. 19 zurückkehrt. Aus Erzählungen ist bekannt, dass er zwei Fluchtversuche unternommen hat, die jedoch beide scheitern. Besonders beeindruckt hat ihn dabei, dass er anschließend von den Engländern überhaupt nicht schlechter behandelt wurde. Im Gegenteil, er glaubte, sogar eine gewisse Anerkennung für sein Verhalten zu spüren.
Infolge Demobilmachung erfolgt danach die Entlassung aus dem Heeres- dienst.
Schießübung, Müller am Schreibpult Der Kompanieführer Oberleutnant Rupp
 
Nach Rückkehr aus der Gefangenschaft setzt Karl Müller den Besuch der (nunmehr nicht mehr ‚königlichen‘) Baugewerkschule Stuttgart fort und erhält am 1. Oktober 1921 das Prüfungs-Zeugnis des Württembergischen Minist- eriums des Innern über die erfolgreich abgelegte Bauwerkmeisterprüfung. Mit dieser Qualifikation hat er den Grundstein für seine anschließende berufliche Tätigkeit als Architekt gelegt, zunächst bei verschiedenen Arbeitgebern als Angestellter und ab Mitte der 1930er Jahre selbständig als Freier Architekt.
Gefechtsstand (vermutlich in den Argfonnen) 1915 Kriegsbrücke bei Ossus
 
Während des Zweiten Weltkriegs muss Karl Müller aufgrund seines Alters die Uniform nicht nochmal anziehen, er wird jedoch in den letzten Kriegsjahren beim Amt für Fliegerschäden der Stadt Stuttgart dienstverpflichtet.
Karl Müller hatte vier Söhne, wovon der älteste – von Beruf Tierarzt - von 1957 bis zu seinem frühen Tod 1966 Direktor des Schlachthofs in Ulm/Donau war.
Noch früher verlor er seinen zweiten Sohn, der in der Endphase des Krieges mit nur 17 Jahren mangels ausreichender medizinischer Versorgung sein Leben lassen musste.
Die beiden jüngeren Söhne, von denen beruflich jedoch keiner in die Fußstapfen des Vaters getreten ist, leben heute in Stuttgart.
Karl Müller stirbt am 16. September 1978.
   
 
Postkarte aus der Gefangenschaft, Vorder- und Rückseite
 
 
 
 
Aus heutiger Sicht ist es erstaunlich, wie dieses Material trotz seiner über das Ende des Kriegs hinaus andauernden Gefangenschaft in seine Hände kam. Seltsam ist auch, dass die Kiste, in der das gesamte Material gelagert war, vermutlich eine Offizierskiste war. Sie stand jahrzehntelang weitgehend unbeachtet im Keller seines Hauses. Leider wurde versäumt, ihn zu Lebzeiten dazu zu befragen, so dass man heute auf Mutmaßungen angewiesen ist. Für einen einfachen Gefreiten war der Nachlass von Karl Müller aus dieser Zeit außergewöhnlich reichhaltig. Neben den persönlichen Dingen wie das eigene Tagebuch, Fotografien und Skizzen finden sich auch zahlreiche Landkarten und Pläne, z.T. mit dem Dienstsiegel der Kompanie gestempelt und vom Kompanieführer signiert.
Mehrere Zeichnungen, meist in Bleistift, zeugen von seinem zeichnerischen Talent und der Freude am Zeichnen. Beides sollte seinen weiteren beruflichen Weg prägen.
 
 
 
 
 
Der Text und die Bilder wurden freundlicherweise von
  H. Müller zur Verfügung gestellt und stammen aus dem Familienarchiv Müller/Kemnat, vielen Dank!
 
       
 
 
     

© Christian Gollmar 2007 - 2010